2019#3 BRM 300 Dreiländerbrevet Wuppertal oder drei Tage Radtour

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Mein größtes sportliches Ziel ist aktuell noch weit weg- TABR 2020: dies Rennen quer durch die USA, unsupported möchte ich im Randonneurs-Modus im kommenden Sommer angehen: Ein Jahr später werde ich 60. Jetzt bin ich gesund und fit genug um mir das zuzutrauen: die Idee konkretisierte bei und nach HBK im letzten Sommer, sodass ich einen neuen, leichteren und leichter reparierbaren Milan schon bestellt habe. Aber- HBK hatte 1.500km, TABR hat 4.200 Meilen, also ca. 6.700km, mehr als das vierfache…

Dies ist mein viertes Jahr als Randonneur und ich habe (hier dokumentiert) manchen Fehler gemacht, aus dem ich -hoffentlich- gelernt habe und ansonsten einige wertvolle Erfahrungen auf Brevets gemacht, die mir auch im Alltag helfen.

Die mehrtägigen Erfahrungen sind also als Übungen besonders wichtig. Wie geht es mir unter ungünstigen Umständen bzw. wie gehe ich damit um? Mit schlechtem Wetter? Hunger, Durst/ Dehydrierung wenn der Trinkrucksack leer und Wasser nicht in Sicht ist? Welche Kleidungsstücke sind- bei welchem Wetter?- wirkliche essentiell? Welches Werkzeug und Ersatzteile? Wie memoriere ich vor dem Start, wo was verstaut ist, sodass es während des Brevets nicht verloren geht und hinterher wiedergefunden wird (Autoschlüssel!)

So gesehen ist PBP (Paris-Brest-Paris) der sportliche Höhepunkt dieses Jahres- einerseits- aber auch die Gelegenheit, in diesem Sommer eine noch längere Tour mit guter Infrastruktur zu fahren. Dies Volksfest des Radfahrens möchte ich im Sturmvogel mit funktionierender Schaltung in diesem Jahr genießen. An- und Abreise aus Düren und nach Nordhorn sollen dann aber ebenfalls im Rad erfolgen. Wodurch sich die Route auf fast 2.400km praktisch verdoppelt, immerhin mit 1 ½ Ruhetagen vor dem Start zu PBP und Ausschlafen vor der Heimreise.

Soviel zu den Hirngespinsten und Tagträumen.

Das Velomobil hatte ich am Rosenmontag von Nordhorn nach Bonn überführt. Erstmals funktionierte die von Sinner-Bikes.nl renovierte elektrische Anlage mit Blinkern, piepsenden Blinkerrelais, Trinitas-Fernlicht und Bremslicht- endlich!
Für den 9. März, den Tag des Brevets war stürmischer Westwind und viel Regen angesagt.
Am 8. hatte ich einen freien Freitag und konnte in Ruhe nach Wuppertal radeln. Sie Schaltung nachstellen, Luftdruck kontrollieren und beschließen, dass die Kette noch nicht geölt werden müsste hatte ich schon am Nachmittag zuvor nach Feierabend draußen im Sonnenschein!

Die Strecke nach Wuppertal über Spich, Dellbrück, Odenthal und Burscheid kenne ich inzwischen fast vollständig auswendig. Wie vor einem Jahr besuchte ich eine alte Freundin meiner Familie in Burscheid, wo ich während meiner Jugend gelebt habe.

Im Hotel Amical Wuppertal passte der Milan so gerade eben durch die Tür in den Konferenzraum im Erdgeschoss! Die Empfangsdame war sehr freundlich und hilfsbereit. Ich hatte die Luxusversion eines Einzelzimmers gebucht, mit Obstkorb, Pralinen, Tee und Bademantel gebucht, weil die einfachen Zimmer damals ausgebucht waren. So weit alles hübsch, aber es gab nur kaltes Wasser. Aus Waschbecken UND Dusche. Nun war doch ein kleineres normales Zimmer frei- Umzug im Bademantel und warme Dusche- in diesem Zimmer allerdings besteht die Duschabtrennung nur aus einer Glasscheibe, sodass sofort eine Überschwemmung des gesamten Badezimmers entstand.

@Fafnir wollte eigentlich mit mir zusammen irgendwo Essen gehen, schrieb dann aber, dass der Wartungsrückstand seines Renners sein Anreise verzögern musste.
Bis ich endlich sauber und trocken war, hatte es angefangen ergiebig zu regnen. Daher kehrte ich ohne lange Suche bei einem Griechen in Barmen ein und macht noch einen kleinen Verdauungsspaziergang.
Schön, dass ich einige Sachen im Hotel lassen konnte. Am nächsten Morgen ging es kurz vor halb sieben zur Bäckerei Evertzberg. Selbst Hajo war bei dem angesagten stürmischen Wind mit seinem Milan angereist. Zwei belegte Brötchen und zwei Stücke Streuselkuchen passten DOCH in meine Brotdose!

Vor einem Jahr fand ich die Drängelgitter auf der Bahntrasse in Solingen lästig, meist waren sie zwar –langsam- zu umfahren, aber mehrmals musste ich doch aussteigen. Hajo @Jostein war stattdessen über Lennep und die Balkantrasse und über die Leverkusener Brücke gefahren- so modifizierte ich mir den Track für die erste Etappe. Die Balkantrasse einmal herunter zu rauschen war sehr nett! Und die Anfahrt zur Rheinbrücke mit den Änderungen wegen der Baustelle hatte ich so im Hellen erfahren und konnte sie auf der Rückfahrt leicht wiederfinden. Hier hatte ich voriges Jahr echt gesucht und gekämpft! Und mindesten eine halbe Stunde Zeit verloren!
Hinter der Rheinbrücke war ich schnell bei halbem Wind auf dem originalen Track und bald bei der ersten Kontrolle in Oberaußem. Schnell kam auch das erste Grupetto Randonneure an. Bis ich meinen Kaffee auf hatte waren sie schon wieder los und vor Jülich braucht ich ziemlich lange um diese 5er-Gruppe tatsächlich einzuholen-Respekt!!!

Ich kam viel flüssiger voran, als vor einem Jahr. Das lag nicht nur an dem wärmeren Wetter- das Wahoo funktionierte stabil, wogegen das Garmin 1000 vor einem Jahr mehrfach abgestürzt war und in die Irre geleitet hatte. Der Anstieg aus Vaals zum drilandenpunt kam mir schon giftiger vor. Auch wenn mich hier natürlich die Rennradler wieder eingeholt hatten. Die Frituur im nächsten Dorf hatte –leider- geschlossen. Also Versuch, in Eupen nicht nur einen Stempel, sondern auch etwas Herzhaftes zu Essen zu bekommen. Nach dem ersten Regenschauer bekam ich in der Bäckerei Kockartz zwei Stücke leckere Quiche und hinterher noch ein Stück Kuchen- und einen Stempel in die Brevetkarte-einen kleine Kinderstempel ohne Text oder Adresse. Aber auf der Quittung stand alles,  was ich für die Homologation brauche. In dieser Bäckerei war ich vor einem Jahr schon gewesen- wesentlich später am Tag. Vorher behalten hatte ich nur das italienische Restaurant aus einem der Vorjahre, wo ich sehr unfreundlich und nur auf Französisch bedient worden war.

Der Anstieg aus Eupen war steil, aber gut zu fahren. Die Fahrt über den Ravel7 die Vennbahn ein Gedicht und bald kam ich in Stolberg dicht an meiner neuen Zweitwohnung vorbei. Das Haus in Büsbach sollte jetzt fertig sein. Ich konnte mir einen Abstecher aber verkneifen-es lief gerade so schön. Mein Trinkrucksack wurde langsam ziemlich leer. Grund in Buir in der AVIA-Tankstelle kurz anzuhalten. Toiletten- und Kaffeepause, Wasser tanken und noch eine Frikadelle einwerfen und weiter gings. Kurz vor dem Ende der Strecke zwischen A4 und Schnellbahnstrecke stand auf einemal ein Trecke vor mir auf dem Weg- kein vorbeikommen. Aus dem kaminartigen Auspuff stiegen Rauchwölckchen auf- richtig ein (relativ) neuer und relativ riesigen Modellseines Lanz Bul bul bul bulldog mit einem winzigen Wohnanhänger im Schlepp. Das Gespann macht bereitwillig Platz. Auf diesem schnellen stück gab es neben viel Fast-Rückenwind Wolken  Regenbogen und einen weiteren Schauer. Bis Köln war‘s dunkel. Dank Wahoo und mit etwas Erinnerung ging es diesmal glatt bis zur Rheinbrücke die Fahrt bis nach Opladen und zur Bahntrasse war, auch dank des Übens am hellen Morgen, reibungslos.

Ausgerechnet in Burscheid, am ersten Steilstück fiel die Kette hinten nach innen vom größten Ritzel. Zum Glück regnete es nicht. Bvor ic die Reparatur anging habe ich mich erst einmal um mich selbst gekümmert: etwas drüber gezogen. Bevor die Hände schar z werden die letzte Vorräte gegessen. Getrunken. Dank der Wartungsluke ließ sich das Problem dann leicht beheben und die Schaltung (noch) besser einstellen. Die drei Randonneure, die in diese Zeit vorbeikamen, fragten alle, ob ich Hilfe bräuchte ;-).

Diese Zwangspause hatte also auch einen Erholungseffekt gehabt. So konnte ich zwei der drei Randonneure noch auf der Balkantrasse wieder überholen ;-).

Trotz der Panne war ich über 2 Stunden schneller, als im Vorjahr. Nach Pause und Schnack im Sportlerheim war ich weit vor Mitternacht wieder in meinem Hotel und unter der Dusche.

Nachtrag:
Nach reichlichem Ausnutzen des tollen Frühstückbuffets konnte ich um kurz nach 9:00 Uhr nach Hause starten. Mein B-router-basierter Track nahm einen ungünstig steilen- und ungepflasterten- Aufstieg zur Nordbahntrasse. Auf der Abfahrt zur Ruhr wurde diese dann zunehmen ungeeignet für VM: ungepflastert. Ende Drängelgitter. Minimale Beschilderung. Schließlich Umleitung über einen Schulhof wegen einer Baustelle. Ich hätte doch Andreas‘ W-NOH-Track annehmen sollen.

Dann kam der Ruhrpott mit Ort hinter Stadt hinter Siedlung ohne Ende. Zwischen Castrop-Rauxel und Datteln musste ich mal und keine Hecke, Wald oder Feld weit und breit. Also eine Tankstelle angesteuert. Erst Pinkeln ,dann ein doppelter Espresso. Das junge Mädchen, dass bediente war sehr nett und stellte viel Fragen zum Velomobil. Sie habe aber Problem mit dem doppelten Espresso, wahrscheinlich müsse sie dafür wieder dreimal öfter drücken(?). schließlich bekam ich für 2 € einen vollen Becher Kaffee-artiges Getränk, in Espressostärke. Trotz vieler Tütchen Zuckers hätt ich das fast nicht ganz geschafft!
Derart beschwingt und mit meinem Käse-Schinken- Brötchen von Frühstück unterfüttert ging es beschwingt weiter! Dort habe ich noch einen Spruch gemacht, dass es draußen heller würde.

Im Folgenden wurden die Abstände zwischen den Starkregenwolken immer kleiner. Immerhin war ich auf der Landstraße unterwegs, als es soweit war: Nur noch Sicht durch den schmalen Spalt unter dem Visier, im Rückspiegel (meist) noch erkennbare Scheinwerfer des nachfolgenden Verkehrs. Der Vogel war durch die neu angebrachten Spaltbänder aus dem Segelflugmodellbau deutlich wasserdichter, als bisher und so konnte ich ganz fokussiert auf den schmalen Sichtspalt und meine Befindlichkeiten (zu warm- Reißverschluss etwas auf, zu kalt- RV wieder ein Stück zu, Hunger? Durst?) nach Hause rasen. Irgendwie meditativ!

Als ich um halb vier zu Hause ankam, war ich durchnässt- gefühlt von Schweiß,  nicht unangenehm.
Und gut drauf. Und fit genug, um mit der Liebsten noch tanzen zu gehen.

 

Fazit:
Drei Tage nacheinander ordentlich geradelt.
muss die Kette gekürzt werden?
Ist die eine gerissene Speiche vorn rechts innen Grund zu ernsthafter Sorge?

Spaltband und Überkleben der Dreiecke zwischen Lukendeckel und Kopfhaube machen den Vogel spürbar besser wasserdicht!

Montag wäre ich gern wieder geradelt! (Stattdessen über vier Stunden im Auto zur Arbeit nach Bonn gestanden)

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